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Chapeau – Monsieur Le Président

Nun ist es also passiert. Monsieur Farblos hat eine Affäre. Und was für eine. Dabei hätte man das eher der mit allen Wassern gewaschenen Carla Bruni-Sarkozy zugetraut, die die Gazetten mit allerlei nackten Tatsachen aus ihrem Privatleben zu füllen wusste. Doch Madame Trierweiler – ihres Zeichens Lebensgefährtin – des französischen Präsidenten Francois Hollande, vor allem aber eine äußerst bissige Journalistin, ist ein anderes Kaliber. Nicht umsonst trägt sie den wenig schmeichelhaften, aber offenbar zutreffenden Spitznamen „der Rottweiler“.

Und wieder einmal sind es die Frauen, die einen Präsidenten in die Schlagzeilen bringen. Valérie Trierweiler, die Frau an seiner Seite und Ségolène Royal – die ehemalige Frau an seiner Seite und Mutter seiner vier Kinder sowie ehemalige Präsidentschaftkandidatin gegen Sarkozy . Mit ihrem jüngsten Coup, die Kandidatur ihrer Vorgängerin bei den Parlamentswahlen via Twitter zu torpedieren, bescherte ausgerechnet Valérie Trierweiler dem Präsidenten den ersten Skandal seiner kurzen Amtszeit und zwang ihn öffentlich Farbe zu bekennen. Gewünscht hätte man sich das zweifellos bei einem veritablen politischen Thema und nicht in einem privaten hausgemachten Zickenkrieg. Nach offenbar allerlei internen Turbulenzen – von tagelanger Funkstille zwischen Trierweiler und Hollande ist ebenso die Rede wie von einer lebenslangen verbalen Blockade seitens seiner vier Kinder gegenüber der Intrigantin, hat Hollande nun ein präsidiales Machtwort gesprochen.

Über die Gründe, die Trierweiler zu solch schändlichem Tun veranlasst haben, darf heftig spekuliert werden. Profilierungssucht? Demonstration, wer in dieser Beziehung das Sagen hat? Oder schlicht Eifersucht auf die Vorgängerin und deren Erfolg? Nun, da scheint sich Madame ihres Erfolgs bei Monsieur ja offenbar nicht so sicher zu sein. Hätte sie das sonst nötig? Ist es einer Première Dame nicht unwürdig, stutenbissig gegen die Ex des Lebensgefährten vorzugehen? Als Journalistin hätte ihr diese Twitter-Affäre nicht passieren dürfen, als Mensch und erste Dame im Staat erst recht nicht.

Ihr Ziel, Ségolène Royal zu schaden, mag Trierweiler auf den ersten Blick gelungen zu sein, da Royal bei den Parlamentswahlen nicht reüssieren konnte, obwohl Hollande sich für seine Ex-Partnerin stark gemacht hatte. Doch die eigentliche Gewinnerin dieser Affäre ist Ségolène Royal. Sie hat in der Sache bisher nicht nur vornehm geschwiegen, statt dessen ihre Kinder sprechen lassen, sondern sowohl Haltung als auch Würde bewiesen und ihrem Namen alle Ehre gemacht. Geschadet hat sich Trierweiler in erster Linie selbst und ihr ohnehin fragwürdiges Image untermauert.

Von nun an, darf der Rottweiler jedenfalls nur noch mit Herrchen Gassi, wenn es das Protokoll unbedingt vorsieht. Kampfhunde gehören eben an die Leine und bekommen einen Maulkorb. Genau das hat Hollande jetzt verfügt. Chapeau – Monsieur Le Président.
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So darf Sprache nicht – missbraucht werden


Dass Geiz angeblich geil ist, wissen wir nun fast ebenso lange wie dass wir nicht blöd sind. So jedenfalls wollen uns das die Marketingstrategen von Media Markt weismachen. Ganz schön blöd ist allerdings der neueste Werbeslogan des Elektronikriesen Saturn, der wie die Schwester Media Markt ebenfalls zur Metrogruppe gehört: "So muss Technik". Wie gut, dass wir das jetzt auch wissen. Doch was wissen wir eigentlich, nachdem wir diese drei Worte gehört haben? Dass Technik … so teuer, so kompliziert, so unverständlich … sein soll? Aber nein, natürlich will man uns glauben machen, dass Technik so wie bei Saturn funktionieren muss. Aber wer unpräzise formuliert, lässt Raum für Interpretationen.

Nehmen wir also wohlwollend an, dass die Werbeleute bei Saturn natürlich wissen, wie man einen korrekten Satz mit Verb bildet, so darf man sich als gebildeter Konsument doch fragen, warum die deutsche Sprache hier wieder einmal auf dem Altar des vordergründigen, geistlosen Witzes geopfert wird. Wir könnten nun rechtfertigend anführen, dass die eben dem Volk aufs Maul geschaut haben, denn viele Menschen reden nun einmal so und bilden ihre Sätze ohne Tätigkeitswort. Also begegnet man sich auf Augenhöhe und verständigt sich auf der grammatikfreien Instinktebene.

Da wir ja, wie bereits konstatiert, nicht blöd sind, wissen wir natürlich, dass die wissen, dass sich diese falschen Sätze eben gerade ihrer Fehler wegen besonders gut merken lassen. Die einen hören hin, weil sie denken, Mensch, die reden ja wie ich, die verstehen mich. Die anderen hören hin, weil ihnen auffällt, dass da etwas nicht stimmt. Und schon glaubt man beide Kunden an der Angel zu haben. Aber zu welchem Preis?

Die Werbung ist voll von diesen verbalen Entgleisungen oder vielleicht sollte man besser Volksverdummungen sagen. „Kann ich ein Pingui“ – so lautet zum Beispiel der Werbeslogan der Firma Ferrero, der sich gezielt an Kinder richtet, und vormacht, wie man es eben nicht richtig macht. Denn die Kinder merken sich leider nicht nur den Inhalt, sondern auch die Form der Werbebotschaft. Wen wundert es da noch, dass an manchen Universitäten bereits Alarm geschlagen wird, dass es vielen deutschen Erstsemestern vor allem in den geisteswissesnchaftlichen Fächern an elementarem Kenntnissen ihrer Muttersprache mangelt.


Ist es denn zu viel verlangt, dass diese Marketingsentenzen sich an den Regeln der deutschen Sprache orientieren und in Form und Inhalt nicht die Intelligenz und Bildung ihrer potentiellen Kunden beleidigen. Oder ist das die eigentliche versteckte Metabotschaft, dass die Marketingverantwortlichen ihre Kunden für so dumm halten, dass sie es ihnen nicht wert sind, sie mit geistreichen, witzigen und grammatikalisch richtigen Slogans zu umwerben, weil die sich Sätze mit mehr als drei oder vier Wörtern nicht merken können?

Aber mal ehrlich, wer glaubt schon, dass die etwas von Technik verstehen, wenn die noch nicht einmal einen richtigen Satz bilden können. Und denken wir die Worthülse mit dem Kinder Pingui weiter, die zweifellos darauf abzielt, dass wir den süßen Riegel essen sollen – diese erstaunliche Transferleistung wird dann doch von den Kunden erwartet. Nun, man muss nur genug von diesen Dickmachern essen, dann kann man tatsächlich ein Pingui … werden.
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Vorgezogenes Berliner Sommertheater - ein Meldegesetz und die Folgen

Die aktuelle Diskussion um das Meldegesetz mutet an wie ein vorgezogenes Sommertheater – allerdings ohne Sommer, aber mit viel absurdem Theater. Nicht nur, dass jetzt, nachdem die Sache an öffentlicher Brisanz gewonnen hat, keiner die Verantwortung übernehmen will, plötzlich sind auch alle irgendwie dagegen. Man fragt sich allerdings, wo sie denn waren, diejenigen, die sich jetzt lautstark als Kritiker gerieren. Haben sie etwa auch das Halbfinale zwischen Deutschland und Italien einer öden Abstimmung vorgezogen? Fest steht, dass die Angelegenheit klammheimlich mit wenigen, aber offenbar ausreichend vielen Anwesenden von der Vizepräsidentin ohne nochmalige Überprüfung durch gewunken wurde, während die anderen Abstimmungsberechtigten Wichtigeres zu tun hatten. Fest steht aber auch, dass die Textpassage, die nun Stein des Anstoßes ist, im Innenausschuss unter Vorsitz der mit Datenschutzfragen betrauten Gisela Piltz (CSU) in ihre jetzige Fassung verändert wurde. Als ebenso mündiger wie in jeder Hinsicht betroffener Bürger fragt man sich durchaus, wie viel lobbyistische Beeinflussung und Agitation da wohl im Hintergrund stattgefunden hat und zu welchem Preis? Fest steht last not least - am Ende jenes Tages haben wir nicht nur den Einzug ins Finale verspielt, sondern auch das Vertrauen der Bürger in die Schutzfunktion des Staates.

Da führen wir in diesem Land heftige Diskussionen um den gläsernen Konsumenten, der von Google und Facebook scheinbar mühelos generiert wird. Da versuchen wachsame Bürger sich der permanenten Bevormundung und Einmischung der Werbewirtschaft in ihre Privatsphäre durch Spamfilter und Werbeblocker, durch profane Briefkastenaufkleber und Einträge in Robinson-Listen zu schützen und dann das. Da geht der Staat einfach hin und ermöglicht Adresshändlern den Zugriff auf die Meldedaten seiner Bürger und verrät diese an den schnöden Mammon. Einfach so mit einem Fingerstreich werden grundlegende Bürgerrechte wie auf dem Basar verschachert. Nur zur Erinnerung, diese Posse wird in Deutschland gegeben.

Die Beweislast und die Aktion liegt damit wie so oft wieder beim mündigen Bürger. Er muss aktiv widersprechen, will er diesen Handel mit seinen persönlichen Daten unterbinden und sich der damit eröffnenden Flut an Werbeheimsuchungen erwehren. Dazu muss er dies zunächst einmal wissen und es zweitens auch tun (können). Dem Vernehmen nach, war es allein die Besorgnis um die schwere Bürde der fortwährenden lästigen Einwilligungserklärungen, die man dem  Bürger mit der nun verabschiedeten Fassung ersparen wollte.

Doch darf der nachdenkliche Bürger ein wenig weiterdenken. Ist es um die Staatsfinanzen doch schlechter bestellt und diese Einnahmen sind unerlässlich? Ist es Willkür, Schlamperei, Nachlässigkeit oder noch schlimmer schlichte Ignoranz dessen, was der Bürger will oder eben nicht will?

Wie haben es immer mal wieder vermutet, dass die sprichwörtliche Linke gelegentlich nicht weiß, was die politische Rechte tut und dass es dann am Ende keiner gewesen sein will. Jetzt sind plötzlich alle um Schadensbegrenzung, Erklärungen und Rechtfertigungen bemüht, denn sie sehen die Wut der Bürger einem schweren Sommergewitter gleich heraufziehen und in Wahlunmut münden.

Doch auch wenn das Gesetz im Bundesrat in seiner jetzt vorgesehenen Fassung gekippt wird und die ursprünglich geplante Version in Kraft tritt, nach der der Bürger der Weitergabe seiner Daten zustimmen muss, bleibt ein schaler Nachgeschmack. Es bleibt das Wissen und das irritierende Gefühl, dass der Bürger  verraten und für dumm verkauft werden sollte. Deshalb verdient allein das Ansinnen eine Verurteilung, die versuchte Durchführung eine politische Abmahnung.              
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Syrien am Abgrund – und eine Frau sieht zu


Geschichte ist das, woraus die Menschen nichts lernen. Ein Satz, dessen traurige Wahrheit sich in Syrien zurzeit wieder einmal auf grausame Weise bestätigt. Wahr ist aber die alte militärische Weisheit, dass ein Feind in den eigenen Reihen gefährlicher ist, als Hunderte gegenüber. Der syrische Präsident Baschar al-Assad hat mehr als einen Feind im eigenen Land. Es sind Tausende, die sich gegen den Diktator, seine Politik und seine Willkür zur Wehr setzen. Ein Bürgerkrieg fegt über das Land hinweg und entfaltet seine implosive, zerstörerische Kraft. Täglich füllen Berichte über Massaker auch an der Zivilbevölkerung die Medien. Mit brutaler Gewalt wird gegen die Oppositionellen vorgegangen. Neuerdings nicht nur mit Artillerie, sondern auch mit Kampfhubschraubern russischer Herkunft aus der Luft.

Doch Assads mit Abstand grausamste Waffe sind die Kinder seines Landes. Nach altbewährter Methode werden auch in dieser Auseinandersetzung  die schwächsten, wehrlosesten Mitglieder der Gesellschaft instrumentalisiert und für die Zwecke des Diktators missbraucht. Irak, Afghanistan, Vietnam – die Liste lässt sich fortsetzen. Im Dritten Reich wurden Kinder ebenso benutzt, um Eltern gefügig zu machen, wie unter Stalins Gewaltherrschaft. In der DDR wurden Familien auseinander gerissen, wenn die Eltern nicht linientreu dachten und handelten. Kinder als Schutzschilde einzusetzen, hat in Diktaturen eine lange und traurige Tradition. Bedarf es eines deutlicheren Zeichens der Inhumanität und Schwäche dieses  Machthabers?

Wo aber ist die moderne, kluge, gebildete Frau an der Seite Assads - Asma al-Assad, die Mutter seiner drei Kinder? Die in England geborene und aufgewachsene First Lady, die als Lady Di des Orients gilt, war angetreten, das Gesicht Syriens zu verändern und Herzen zu öffnen. Die Ex-Bankerin votierte bei ihren zahlreichen öffentlichen Auftritten stets wortreich für die Kinder des Landes, für Bildung und Ausbildung, weil davon Syriens Zukunft abhinge. Sie wollte Syrien in der Phase der Transition aktiv begleiten und das neue Gesicht Syriens sein. Aber hat dieses Gesicht auch eine Stimme? 

Vielleicht ist es das, was in diesem Feuerwerk der Grausamkeiten gegen das eigene Volk am meisten erschüttert - die Schweigsamkeit und Tatenlosigkeit dieser Frau. Wie kann eine Mutter von drei Kindern, die ihren Mann in einem Interview als sehr guten Vater bezeichnete, diesem durch die Befehle ihres Mannes veranlassten Töten der Kleinsten tatenlos und schweigend zusehen? Der mutige Aufruf der Frauen des deutschen und britischen UNO-Botschafters im Internet scheint keinerlei Resonanz im Denken geschweige denn im Herzen und Handeln Asma al-Assads ausgelöst zu haben. Sie begnügt sich offenbar weiterhin mit der Rolle der gutaussehenden, schweigenden Begleiterin an der Seite ihres Mannes.

Doch wer wird sie und ihre drei Kinder vor dem Zorn der Oppositionellen schützen, sollten sie die Oberhand gewinnen? Wer wird dafür Sorge tragen, dass sie nicht Opfer der in diesen Ländern durchaus noch üblichen Sippenhaft werden und sich die Gräuel ihres Vaters an ihnen brutal rächen? Wer wird Mitleid mit einer Frau haben, der dieses Gefühl als Landesmutter abhanden gekommen zu sein scheint. Vermag sie sich wirklich nicht vorzustellen, dass es ihre Kinder sein könnten, die gefoltert, geschlagen, misshandelt und getötet werden? Wer Kinder tötet, vernichtet Zukunft. Wer dabei tatenlos zusieht, zerstört sich selbst.

Dabei könnte Geschichte auch ganz anders geschrieben werden. Wenn Männer die Säbel rasseln lassen, dann ist nicht selten die Stunde der Frauen gekommen, dem sinnlosen Morden ein Ende zu setzen – mit weiblicher Diplomatie, Geschick und Einflussnahme. Wenn die Mutter Asma al-Assad sich mit den Müttern des Landes verbünden würde, könnte dies eine große, positive und revolutionäre Macht entfalten. Es bleibt zu hoffen, dass Frau Assad dies noch rechtzeitig begreift, es als ihre Aufgabe begreift, auf ihren Mann Einfluss zu nehmen – zum Wohle des Landes und der Kinder. Viel Zeit bleibt ihr nicht mehr, der zurzeit hässlichen Fratze Syriens, eine neues Gesicht und eine neue Stimme zu geben. Das Schicksal Gaddafis und seiner Familie sollte ihr dabei Warnung und Mahnung sein. Denn auch das ist ein ungeschriebenes Gesetz der Geschichte – dass sie sich gelegentlich wiederholt.
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Quo Vadis – Hellas?

Seit Wochen beschäftigt uns Griechenlands Finanzmisere und deren Folgen. Das Stück, das gegeben wird, mutet an wie eine klassische griechische Tragödie in mehreren Akten, mit ungewissem Ausgang – aller derzeitigen Wahrscheinlichkeit nach aber tragisch. Aufschreie hier, Aufschreie dort, das Tauziehen über die Finanzhilfen der Europäischen Union, die Sparpläne der griechischen Regierung und die Folgen für den Steuerzahler füllen landauf landab die Medien. Doch keiner spricht vom Leid der Menschen in diesem Land.

Keiner erhebt die Stimme oder ergreift Partei für die Menschen, die diese Krise am härtesten trifft – Familien, alte Menschen, Kranke.

Da ist die fünfköpfige Familie, beide Elternteile inzwischen ohne Job. Sie wissen nicht, wie sie ihre drei Kinder ernähren sollen und bringen sie deshalb in ein SOS-Kinderdorf, damit sie nicht verhungern. Die Eltern versuchen irgendwie über die Runden zu kommen – mit Gelegenheitsjobs und Essen aus den Lieferungen der diversen Hilfsorganisationen. Das ist weder ein Einzelfall, noch persönlichem Versagen zuzuschreiben. Die SOS-Kinderdörfer melden seit Wochen verstärkt Aufnahmegesuche.

Oder die Krankenschwester, deren Wochenarbeitszeit mit Beginn der Krise von 35 Arbeitsstunden pro Woche auf fünf reduziert wurde, weil nur noch medizinisch absolut notwendige Operationen und Behandlungen durchgeführt werden. Da sie nicht direkt beim Krankenhaus angestellt ist, sondern bei einer privaten Firma, die medizinisches Personal vermittelt, bekommt sie deutlich weniger Aufträge. Auch sie weiß häufig nicht wovon sie leben soll. Der Kühlschrank bleibt ebenso leer wie der Magen, da das Geld fehlt, die teuren Lebensmittel zu bezahlen. Sie übersteht diese schwere Zeit dank Hilfspaketen und finanziellen Zuwendungen von Freuden aus Deutschland. Dort hat sie einmal ihren Beruf erlernt, viele Jahre gelebt und Freunde gefunden. Dass es nun ausgerechnet die Deutschen sind, die sich bei der Rettungsaktion für Griechenland immer wieder querstellen, macht sie nicht wütend. Wie viele andere Griechen auch, weiß sie, dass die Probleme in Griechenland entstanden sind und auch nur dort gelöst werden können. Wütend macht sie, dass die sogenannte Elite des Landes sich weitgehend nicht an der Lösung der Situation beteiligt. Sie haben das in Griechenland verdiente Geld im Ausland gut angelegt und überlassen nun den Scherbenhaufen den Finanzjongleuren. Das treibt viele Leute um - und auf die Palme.

Wie auch den Kioskbetreiber von nebenan. Seit vielen Jahren betreibt er sein kleines Unternehmen, das man im Rheinland liebevoll „Büdchen“ nennen würde. In der rheinischen Industrie hatte er viele Jahre gelebt und gearbeitet, bevor er mit seinen Ersparnissen zurück in die griechische Heimat ging. Zunächst fand er auch Arbeit und konnte das, was er in Deutschland gelernt hatte, einbringen. Doch dann wurde er älter und die Arbeit weniger. Also eröffnete er sein Büdchen nach rheinischem Modell mit Zeitungen, Tabak, Kaffee zum Mitnehmen, Süßigkeiten und den nötigsten Dinge für den täglichen Bedarf. Damit kam er einige Zeit ganz gut über die Runden. Doch nun bleiben die Kunden fort. Keiner hat mehr Geld für „Luxus“ übrig. Stattdessen wurde er in den vergangenen Monaten zweimal ausgeraubt und bedroht. Nun macht er dicht. Das Leben in Athen ist zu gefährlich geworden.

Drei Beispiele – drei Schicksale. Doch es sind keine bedauernswerten Einzelfälle besonders lebensunfähiger Pechvögel, sondern verschiedene Gesichter einer nationalen Katastrophe, die sich mitten in Europa, sozusagen vor unserer Haustür abspielt. Jeden Tag aufs Neue seit vielen Monaten.

Das Land, in dem die Wiege der Demokratie stand, in dem Sokrates, Aristoteles und andere weltberühmte und wegweisende Philosophen lehrten, steht am Abgrund und droht die eigenen Bürger aber auch Teile Europas mit hinab zu reißen. 

Was ist zu tun? Dass Griechenland Hilfe benötigt, wird keiner ernsthaft  bestreiten. Doch wie kann diese Hilfe aussehen? Es ist in den vergangenen Monaten zu oft  von Einmischung und externer Kontrolle die Rede gewesen. Von den arroganten europäischen Nachbarn, die ihre Kredite an Bedingungen knüpfen und diese auch überprüft wissen wollen. Von nationaler Selbstbestimmung und Identität. Genützt hat diese Debatte niemandem – am allerwenigsten den Menschen.

In Deutschland und auch in anderen Ländern hat sich seit vielen Jahren ein Prinzip bewährt, das man Hilfe zur Selbsthilfe nennt. Was im Klartext nichts anderes bedeutet, als den griechischen Menschen in der akuten Situation zu helfen, mit Geld, mit Rat und Tat, mit Erfahrung und mit Knowhow, mit Mitgefühl und Menschlichkeit, damit sie in absehbarer Zeit in der Lage sind, sich selbst zu helfen. Von den Griechen sind im Gegenzug ernsthafte Anstrengungen zu erwarten, die notwendigen Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftskraft und langfristige Sparmaßnahmen umzusetzen. Dies erfordert einen breiten gesellschaftlichen Konsens statt politischer Polemik. Die europäischen Nachbarn können und wollen die Anstrengungen Griechenlands unterstützen, die Hauptlast wird aber in Griechenland und von den Griechen zu tragen sein. Wir können Wege aufzeigen, aber gehen muss Griechenland sie selber – nicht allein, aber selbständig.
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