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Vorgezogenes Berliner Sommertheater - ein Meldegesetz und die Folgen

Die aktuelle Diskussion um das Meldegesetz mutet an wie ein vorgezogenes Sommertheater – allerdings ohne Sommer, aber mit viel absurdem Theater. Nicht nur, dass jetzt, nachdem die Sache an öffentlicher Brisanz gewonnen hat, keiner die Verantwortung übernehmen will, plötzlich sind auch alle irgendwie dagegen. Man fragt sich allerdings, wo sie denn waren, diejenigen, die sich jetzt lautstark als Kritiker gerieren. Haben sie etwa auch das Halbfinale zwischen Deutschland und Italien einer öden Abstimmung vorgezogen? Fest steht, dass die Angelegenheit klammheimlich mit wenigen, aber offenbar ausreichend vielen Anwesenden von der Vizepräsidentin ohne nochmalige Überprüfung durch gewunken wurde, während die anderen Abstimmungsberechtigten Wichtigeres zu tun hatten. Fest steht aber auch, dass die Textpassage, die nun Stein des Anstoßes ist, im Innenausschuss unter Vorsitz der mit Datenschutzfragen betrauten Gisela Piltz (CSU) in ihre jetzige Fassung verändert wurde. Als ebenso mündiger wie in jeder Hinsicht betroffener Bürger fragt man sich durchaus, wie viel lobbyistische Beeinflussung und Agitation da wohl im Hintergrund stattgefunden hat und zu welchem Preis? Fest steht last not least - am Ende jenes Tages haben wir nicht nur den Einzug ins Finale verspielt, sondern auch das Vertrauen der Bürger in die Schutzfunktion des Staates.

Da führen wir in diesem Land heftige Diskussionen um den gläsernen Konsumenten, der von Google und Facebook scheinbar mühelos generiert wird. Da versuchen wachsame Bürger sich der permanenten Bevormundung und Einmischung der Werbewirtschaft in ihre Privatsphäre durch Spamfilter und Werbeblocker, durch profane Briefkastenaufkleber und Einträge in Robinson-Listen zu schützen und dann das. Da geht der Staat einfach hin und ermöglicht Adresshändlern den Zugriff auf die Meldedaten seiner Bürger und verrät diese an den schnöden Mammon. Einfach so mit einem Fingerstreich werden grundlegende Bürgerrechte wie auf dem Basar verschachert. Nur zur Erinnerung, diese Posse wird in Deutschland gegeben.

Die Beweislast und die Aktion liegt damit wie so oft wieder beim mündigen Bürger. Er muss aktiv widersprechen, will er diesen Handel mit seinen persönlichen Daten unterbinden und sich der damit eröffnenden Flut an Werbeheimsuchungen erwehren. Dazu muss er dies zunächst einmal wissen und es zweitens auch tun (können). Dem Vernehmen nach, war es allein die Besorgnis um die schwere Bürde der fortwährenden lästigen Einwilligungserklärungen, die man dem  Bürger mit der nun verabschiedeten Fassung ersparen wollte.

Doch darf der nachdenkliche Bürger ein wenig weiterdenken. Ist es um die Staatsfinanzen doch schlechter bestellt und diese Einnahmen sind unerlässlich? Ist es Willkür, Schlamperei, Nachlässigkeit oder noch schlimmer schlichte Ignoranz dessen, was der Bürger will oder eben nicht will?

Wie haben es immer mal wieder vermutet, dass die sprichwörtliche Linke gelegentlich nicht weiß, was die politische Rechte tut und dass es dann am Ende keiner gewesen sein will. Jetzt sind plötzlich alle um Schadensbegrenzung, Erklärungen und Rechtfertigungen bemüht, denn sie sehen die Wut der Bürger einem schweren Sommergewitter gleich heraufziehen und in Wahlunmut münden.

Doch auch wenn das Gesetz im Bundesrat in seiner jetzt vorgesehenen Fassung gekippt wird und die ursprünglich geplante Version in Kraft tritt, nach der der Bürger der Weitergabe seiner Daten zustimmen muss, bleibt ein schaler Nachgeschmack. Es bleibt das Wissen und das irritierende Gefühl, dass der Bürger  verraten und für dumm verkauft werden sollte. Deshalb verdient allein das Ansinnen eine Verurteilung, die versuchte Durchführung eine politische Abmahnung.              
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